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Die elektronische Rechnungsstellung in Luxemburg
Einleitung
Am 14. Dezember 2021 wurde das Gesetz vom 13. Dezember 2021 zur Änderung des Gesetzes vom 16. Mai 2019 über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen und Konzessionsverträgen im Amtsblatt veröffentlicht. Durch dieses Gesetz werden die Wirtschaftsteilnehmer verpflichtet, ihre Rechnungen bei öffentlichen Aufträgen und Konzessionsverträgen elektronisch an den Staat zu senden.
Rechtlicher Rahmen
Am 14. Dezember 2021 wurden folgende Rechtstexte veröffentlicht: das Gesetz vom 13. Dezember 2021 zur Änderung des Gesetzes vom 16. Mai 2019 über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen und Konzessionsverträgen sowie die großherzogliche Verordnung vom 13. Dezember 2021 zur Bestimmung des gemeinsamen Liefernetzwerkes sowie der technischen Alternativlösungen, die für die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen und Konzessionsverträgen verwendet werden. Durch das neue Gesetz kommt es demnach zu einer Änderung des Gesetzes vom 16. Mai 2019 über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen und Konzessionsverträgen, durch das die Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen in Luxemburger Recht umgesetzt wird.
Ziel der Richtlinie war es insbesondere, eine Überhäufung mit Normen und Dateiformaten bei der elektronischen Rechnungsstellung innerhalb der EU zu verhindern und auf diese Weise einer Aufsplitterung des europäischen Binnenmarktes entgegenzuwirken. Sie sieht vor, dass eine gemeinsame europäische Norm für das semantische Datenmodell einer elektronischen Rechnung festgelegt wird und dass Syntaxen, d.h. XML-Formate, bestimmt werden, die obligatorisch zu verwenden sind. Die europäische Norm sowie die Liste mit den beiden zulässigen Syntaxen wurden durch den Durchführungsbeschluss (EU) 2017/1870 der Kommission vom 16. Oktober 2017 über die Veröffentlichung der Fundstelle der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und die Liste von Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU festgelegt. Bei der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung handelt es sich um die Norm EN 16931-1:2017, die insbesondere auch auf der Webseite des ILNAS (Luxemburgisches Institut für Normung, Zulassung, Sicherheit und Qualität von Produkten und Dienstleistungen) veröffentlicht wurde.
Die Gesetze von 2019 und 2021 gelten nur für öffentliche Aufträge und schaffen demnach nur Verpflichtungen für Akteure, die an einem öffentlichen Auftrag beteiligt sind: dies sind einerseits die Wirtschaftsteilnehmer, d.h. meist Unternehmen, und andererseits die öffentlichen Auftraggeber und Einrichtungen, die in den Anwendungsbereich des geänderten Gesetzes vom 8. April 2018 über öffentliche Aufträge fallen.
Die großherzogliche Verordnung vom 13. Dezember 2021 zur Bestimmung des gemeinsamen Liefernetzwerkes sowie der technischen Alternativlösungen, die für die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen und Konzessionsverträgen verwendet werden. Diese Verordnung, die auf dem Gesetz vom 13. Dezember 2021 gründet, bestimmt das europäische Netzwerk Peppol als gemeinsames Liefernetzwerk, das von den öffentlichen Einrichtungen für die automatisierte Entgegennahme elektronischer Rechnungen zu nutzen ist; betrieben und gepflegt wird Peppol von OpenPeppol, einer internationalen gemeinnützigen Organisation belgischen Rechts. Die Verordnung legt auch fest, dass als nicht automatisierte technische Alternativlösungen, die den Wirtschaftsteilnehmern zur manuellen Ausstellung und Übermittlung elektronischer Rechnungen zur Verfügung gestellt werden, zwei Arten von Online-Formularen dienen, die unter der Rubrik "Technische Lösungen" eingehender beschrieben werden.
Verpflichtungen
Das Gesetz vom 13. Dezember 2021 zur Änderung des Gesetzes vom 16. Mai 2019 schafft folgende Verpflichtungen:
- Für die Wirtschaftsteilnehmer: es dürfen ausschließlich elektronische Rechnungen ausgestellt und übermittelt werden, d.h. XML-Dateien bzw. XML enthaltende Dateien, die der bei öffentlichen Aufträgen geltenden Norm entsprechen;
- Für öffentliche Einrichtungen: für die automatisierte Entgegennahme elektronischer Rechnungen ist das gemeinsame Liefernetzwerk Peppol zu nutzen und, solange sie nicht über einen eigenen Peppol-Zugangspunkt verfügen, ist der Zugangspunkt des Zentrums für Informationstechnologien des Staates (CTIE) zu nutzen;
- Für Ministerien und staatliche Verwaltungen: der Peppol-Zugangspunkt des CTIE ist zu nutzen.
Die Verpflichtung der Wirtschaftsteilnehmer zur elektronischen Rechnungsstellung wird stufenweise wirksam. Ihre Wirksamkeit beginnt demnach:
- für große Wirtschaftsteilnehmer 5 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes, d.h. am 18. Mai 2022;
- für mittlere Wirtschaftsteilnehmer 10 Monate nach Inkrafttreten, d.h. am 18. Oktober 2022;
- für kleine und neu gegründete Wirtschaftsteilnehmer 15 Monate nach Inkrafttreten, d.h. am 18. März 2023.
Für öffentliche Einrichtungen hatte das Gesetz vom 16. Mai 2019 bei öffentlichen Aufträgen übrigens bereits die Verpflichtung geschaffen, rechtskonforme elektronische Rechnungen ab dem 18. April 2019 bzw. ab dem 18. April 2020 (subzentrale öffentliche Auftraggeber, d.h. im Wesentlichen Gemeinden, sowie Auftraggeber) entgegenzunehmen und zu verarbeiten.
Technische Lösungen
Die europäische Norm und die beiden zulässigen Syntaxen
Jede elektronische Rechnung muss der europäischen Norm EN 16931-1:2017 sowie einer der beiden folgenden Syntaxen entsprechen:
- XML UBL (Universal Business Language: universelle Geschäftssprache), definiert in der Norm ISO/IEC 19845:2015 und unterhalten vom Verein ohne Gewinnzweck OASIS Open;
- XML UN/CEFACT CII (Cross Industry Invoice − branchenneutrale Rechnung), ausgearbeitet von UN/CEFACT, wie in den XML-Schemas 16B (SCRDM – CII) spezifiziert.
Peppol
Bei Peppol handelt es sich um das gemeinsame Liefernetzwerk, das ausgewählt wurde, um die automatisierte Ausstellung, Übermittlung und Entgegennahme elektronischer Rechnungen zu ermöglichen; betrieben und unterhalten wird es von OpenPeppol, einer internationalen gemeinnützigen Organisation belgischen Rechts.
Peppol ist aus einem europäischen Projekt hervorgegangen, das von der Europäischen Kommission und den Mitgliedsstaaten der EU initiiert und über ein EU-Programm finanziert wurde. Das Projekt wurde 2008 von einigen Mitgliedsstaaten begonnen und die ersten Übermittlungen über das Netzwerk erfolgten 2010. Das Netzwerk ist standardmäßig europäisch, ja sogar international ausgerichtet und ermöglicht demnach grenzüberschreitenden Austausch. Eingerichtet wurde das Netzwerk, um eine sichere, in einem strukturierten Format (XML) erfolgende Übermittlung sämtlicher Dokumente zu ermöglichen, die bei öffentlichen Aufträgen ausgetauscht werden müssen. Bei der elektronischen Rechnung handelt es sich demnach nur um einen der Dokument-Typen, die über Peppol ausgetauscht werden können.
Peppol wird heute in rund vierzig Ländern Europas, Nordamerikas, Asiens, Australiens und Afrikas genutzt, wobei die Zahl der Mitglieder des Netzwerks sowie der Staaten, die es nutzen, stetig wächst. Der Erfolg von Peppol verdankt sich in sehr hohem Maße seiner immer systematischeren Nutzung bei der elektronischen Rechnungsstellung.
Peppol ist als standardmäßig offenes und interoperables Netzwerk konzipiert, bei dem jede Einrichtung, ohne zusätzlichen spezifischen Aufwand, wenn sie erst einmal die nötigen Maßnahmen getroffen hat um über einen Zugangspunkt zum Netzwerk zu verfügen, von vorn herein in beide Richtungen (Versenden und Empfangen) mit jedem anderen Netzwerkmitglied kommunizieren kann, auch wenn bis dahin noch kein Austausch stattgefunden hat. Peppol ist somit ein standardmäßig grenzüberschreitendes Netzwerk und ermöglicht standardmäßig nicht nur einen Austausch zwischen Einrichtungen des Privatsektors und öffentlichen Einrichtungen, sondern auch einen Austausch zwischen Unternehmen sowie einen Austausch strukturierter Dokumente, bei denen es sich nicht um elektronische Rechnungen handelt. Das Netzwerk ist außerdem standardmäßig gesichert, und zwar insbesondere durch eine verschlüsselte Kommunikation zwischen zwei Zugangspunkten, es gewährleistet standardmäßig die Nichtabstreitbarkeit und es verwendet standardmäßig ein Austauschformat für elektronische Rechnungen, das der neuesten Fassung der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung entspricht, die das semantische Datenmodell einer elektronischen Rechnung festlegt, und das einer der Syntaxen entspricht, die auf der neuesten von der Europäischen Kommission veröffentlichten Liste stehen, in diesem Fall zurzeit Peppol BIS Billing 3.10.
Lösungsmöglichkeiten für Wirtschaftsteilnehmer, die Peppol nutzen wollen
Wirtschaftsteilnehmer verfügen über mehrere Optionen, um rechtskonforme elektronische Rechnungen über Peppol ausstellen und übermitteln zu können. Sie haben die Möglichkeit:
- bei einem der zahlreichen spezialisierten Dienstleister, die in diesem Bereich bereits aktiv sind, einen Peppol-Zugangspunkt zu mieten;
- selbst einen eigenen Peppol-Zugangspunkt einzurichten, was wahrscheinlich nur bei Einrichtungen einer gewissen Größe mit einer eigenen, erfahrenen EDV-Abteilung und hinreichenden Ressourcen sinnvoll ist;
- eine der Rechnungsstellungs- oder Buchhaltungssoftwares (ERP) zu nutzen, von denen es aufgrund des zunehmenden Erfolgs von Peppol immer mehr gibt und mit denen man standardmäßig rechtskonforme Rechnungen über Peppol versenden kann.
Nicht automatisierte technische Alternativlösungen
Um den Bedürfnissen von Wirtschaftsteilnehmern entgegenzukommen, die noch nicht über entsprechende Möglichkeiten verfügen, um die automatisierte Ausstellung und Übermittlung elektronischer Rechnungen über Peppol sicherzustellen, werden den Wirtschaftsteilnehmern nicht automatisierte technische Alternativlösungen zur Verfügung gestellt, die lediglich eine manuelle und individuelle Ausstellung und Übermittlung elektronischer Rechnungen ermöglichen.
Das Online-Formular mit dem man eine rechtskonforme elektronische Rechnung ausstellen und übermitteln kann indem man die wesentlichen Bestandteile der betreffenden Rechnung manuell in die Felder des Formulars eingibt und das ordnungsgemäß ausgefüllte Formular nachher abschickt ist auf Guichet.lu verfügbar: https://guichet.public.lu/de/entreprises/commerce/marches-publics/facturation/emission-facture-electronique-marche-public-contrat-concession.html
Das Online-Formular mit dem man eine rechtskonforme elektronische Rechnung ausstellen und übermitteln kann durch Hochladen einer bereits konformen elektronischen Rechnung und Einreichen dieses ausgefüllten Formulars ist verfügbar unter: https://guichet.public.lu/de/entreprises/commerce/marches-publics/facturation/transmission-facture-electronique-marche-public-contrat-concession.html.
Liste der über Peppol adressierbaren öffentlichen Einrichtungen
Hier finden Sie die aktuelle Liste der über Peppol adressierbaren öffentlichen Einrichtungen (Excel, 45 KB) und ihrer jeweiligen eindeutigen Peppol-Kennnummer (EndpointID).
Jedes Mitglied des Peppol-Netzwerks und seine jeweilige eindeutige Kennnummer, die zur Adressierung des Mitglieds verwendet wird, kann auch in folgendem Verzeichnis gefunden werden, sofern der für das Mitglied zuständige Zugangspunkt dies im Peppol-Verzeichnis veröffentlicht hat: http://directory.peppol.eu
Glossar
Öffentliche Aufträge
Schriftlich geschlossene entgeltliche Verträge zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern, über die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen (Art. 3 des geänderten Gesetzes vom 8. April 2018 über die öffentliche Auftragsvergabe): Jede Rechnung, die im Rahmen eines schriftlichen Vertrags an eine öffentliche Einrichtung gesendet wird, fällt daher in den Anwendungsbereich des Gesetzes und muss eine konforme elektronische Rechnung sein, unabhängig von der Höhe und der Art des Verfahrens, das zum Abschluss des öffentlichen Auftrags verwendet wurde.
Wirtschaftsteilnehmer
Unternehmen oder sonstige Einrichtung, die im Rahmen eines öffentlichen Auftrages Bauleistungen erbringt, Produkte liefert oder Dienstleistungen erbringt.
Öffentliche Einrichtung
Einrichtung (Staat, Gemeinden, Einrichtungen des öffentlichen Rechts, Vereine, die von diesen Institutionen oder diesen Einrichtungen des öffentlichen Rechts gegründet wurden, usw.), die im Rahmen eines öffentlichen Auftrags Bauleistungen, Produkte oder Dienstleistungen einkauft.
Elektronische Rechnung
Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird, das ihre automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht, jede gleichwertige Zahlungsaufforderung, welche die gleichen Voraussetzungen erfüllt, oder jedes Dokument bzw. jede Mitteilung, die zu Veränderungen der ursprünglichen Rechnung führt, spezifisch und eindeutig auf diese bezogen ist und die gleichen Voraussetzungen erfüllt, d.h. eine XML-Datei oder eine XML enthaltende Datei und nicht einfach ein PDF-, Word- oder sonstiges nicht strukturiertes Dokument, das somit nicht alle Bestandteile der Rechnung als getrennte und standardisierte Attribute enthält, die automatisch von einem Computer gelesen werden können.
Rechtskonforme elektronische Rechnung
Elektronische Rechnung, die der neuesten Fassung der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung entspricht, die das semantische Datenmodell einer elektronischen Rechnung festlegt, und die einer der Syntaxen entspricht, die auf der neuesten von der Europäischen Kommission veröffentlichten Liste stehen.
Syntax
Maschinenlesbare Sprache oder Dialekt einer maschinenlesbaren Sprache, die bzw. der für die Darstellung der in einer elektronischen Rechnung enthaltenen Datenelemente verwendet wird, d.h. in der Praxis ein spezifisches XML-Format.
Liefernetzwerk
Technische Lösung, die die automatisierte Ausstellung, Übermittlung und Entgegennahme elektronischer Rechnungen ermöglicht.
Grosse Wirtschaftsteilnehmer
Wirtschaftsteilnehmer, die zum Bilanzstichtag des Jahres 2019 bei mindestens zwei der drei folgenden Kriterien die Obergrenzen überschreiten:
- Bilanzsumme: 20 Millionen Euro;
- Nettoumsatzerlöse: 40 Millionen Euro;
- durchschnittliche Zahl der vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter während des Geschäftsjahres: 250.
Mittlere Wirtschaftsteilnehmer
Wirtschaftsteilnehmer, die zum Bilanzstichtag des Jahres 2019 bei mindestens zwei der drei folgenden Kriterien die Obergrenzen nicht überschreiten:
- Bilanzsumme: 20 Millionen Euro;
- Nettoumsatzerlöse: 40 Millionen Euro;
- durchschnittliche Zahl der vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter während des Geschäftsjahres: 250.
Kleine Wirtschaftsteilnehmer
Wirtschaftsteilnehmer, die zum Bilanzstichtag des Jahres 2019 bei mindestens zwei der drei folgenden Kriterien die Obergrenzen nicht überschreiten:
- Bilanzsumme: 4,4 Millionen Euro;
- Nettoumsatzerlöse: 8,8 Millionen Euro;
- durchschnittliche Zahl der vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter während des Geschäftsjahres: 50.